Hätte mir vor einem Jahr wer gesagt, dass ich 2022 locker flockig 40km am Tag mit dem Rad fahre, hätte ich gelacht. Mittlerweile ist es Routine, abends das Rad rauszuholen und nach der Arbeit noch 1-2 Stündchen zu radeln. An Christie Himmelfahrt 2022 führte mich mein Rad nach Heidelberg. Ich wünschte, ich könnte sagen: “auf direktem Weg”. Doch leider habe ich dann doch irgendwo einen Kreis gedreht.
Der frühe Vogel
Ich hatte viel vor: ca. 90km nach Heidelberg hin und zurück. Insgesamt also knappe 180km, meine bisher längst Strecke. Demnach startete ich die Reise um 08:28 Uhr am Feiertag (26.05.22). Das Rad war ready, ich auch. Den groben Plan hatte ich im Kopf, nachdem ich einen Tag zuvor die Strecke geplant hatte. Spontan geplant war also mal wieder die Devise. Die Fahrradschilder hatten mir bisher immer geholfen. Wie sehr mich das nun strafen würde, würde sich später zeigen. Geplant waren also knapp 5h Fahrt nach Heidelberg und die gleiche Zeit zurück. Immer mit der Option, doch den Zug zu nehmen, sollte es nicht mehr gehen.
Nach knapp 23km landete ich in Oppenheim und musste mich erst einmal orientieren. Denn plötzlich gab es Schilder für einen Wegpunkt in zwei Richtungen. Mein Glück, dass darunter ein Wegweiser war mit der Überschrift “Hinweis zur Radstrecke!”. Die beiden Wege unterscheiden sich dadurch, dass der eine direkt am Rheinufer entlang führt und der andere am Deich. Meine Wahl traf den Deich und ich ärgerte mich, da es absolut windig war und sterbenslangweilig. Die Strecke war einfach so eintönig, dass ich automatisch das Tempo rausnahm.
Pause irgendwo bei Biblis
Etwa nach 40km, irgendwo bei Biblis, machte ich meine erste Pause. Snacken war angesagt und das war echt nötig. Hätte ich wohl später auch nochmal öfters machen sollen. Leider gab es dann kaum noch richtige Orte, um Pause zu machen. Der Weg zur Bank war allerdings auch mega irreführend. Erst über eine Bundesstraße, dann auf einem Radweg, der nicht danach aussah und am Ende irgendwo durch die Äcker. Dank Gravelbike kein Problem, trotzdem nervig, wenn irgendwann die Radschilder einfach weg sind oder Orte drauf fehlen, die zuvor noch ausgeschildert wurden.
Nach der Pause dunkelte sich der Himmel und es drohte Regen. Laut Regenradar sollte es trocken bleiben. Glaubt mir, die Wolken sahen nicht danach aus! Die nächste Etappe führte mich minutenlang durch einen Wald. Auch hier wieder: Schilder sind zu spät da, weswegen ich zunächst dran vorbeifuhr. Immer noch nervig dabei: Der Wind.
Ich seh’ den Weg wegen keiner Schilder nicht
Damit begann auch der Horror. Als ich irgendwann aus dem Waldgebiet raus war (gefühlt war ich da eine Stunde drin), kam ich in vereinzelte Ortschaften an. Auch hier wieder Schilder, die da sind oder nicht. Am liebsten hatte ich jene, die durch Bäume und Hecken verdeckt wurden oder aus meiner Fahrtrichtung nicht sichtbar. Das führte am Ende dazu, dass ich bei Lorsch falsch abbog und den schwierigen Weg über Bensheim nach Weinheim wählte.
In Laudenbach und Hemsbach war dann Ende Gelände. Erst stresste mich die Party mit hunderten betrunkener Männer, die direkt auf dem Radweg war, dann die, die mich ansprachen. Am Ende stresste mich am meisten, dass Schilder fehlten. Ich musste Google Maps starten (was ich ungern mache, weil es eben doch viel Akku zieht und mich beim Radeln ablenkt). Nur mit Glück, fand ich irgendwann den Weg raus aus dem Horror.
Dem Ziel so nah
Als erstmals “Heidelberg” auf einem der Radschilder auftauchte, war ich zunehmend erleichtert. Nicht nur, weil diese Irrfahrt mir sehr viel Kraft geraubt hatte. Rückblickend hätte ich spätestens hier eine Pause machen sollen, um zu Snacken und Kraft zu tanken. Denn in Weinheim angekommen, musste ich mehrere Kilometer bergauf fahren. Kleinster Gang und ab ging es. Auf der Straße. Weil sich manche Leute denken, wenn du bergauf schon Stress hast, verlegen wir den Radweg auf die Straße, damit du im Berg auch noch Angst hast, vom Auto erwischt zu werden.
Irgendwann ging der Radweg zumindest, wenn auch immer noch permanent hoch und runter, auf einer weniger befahrenen Straße entlang. Und Leute, was soll das, dass ihr mit eurem Auto auf Radwegen fahren müsst? Das nervt massiv. Das Radfahren ist auch ohne eure Gefährdung gefährlich genug.
Und plötzlich war ich in Heidelberg
Schriesheim war, wo es auf und ab ging. Das beschäftigte meinen Kopf so sehr, dass ich nicht mitbekam, dass ich plötzlich in Heidelberg gelandet war. Und Holy! Heidelberg war nach dem Horror der letzten Stunden einfach Balsam. So unglaublich Fahrradfreundlich, dass mich die Ampeln und Radspuren total überforderten. Was nur beweist, dass andere Städte noch nachrüsten müssen, damit das nicht überfordernd ist.
In Heidelberg angekommen, fuhr ich etwas am Neckar und durch die Altstadt. Wie gesagt, die Radwege sind einfach super entspannt und ich fühlte mich in Heidelberg zu keiner Zeit von Autos bedroht. Das bedeutet schon echt viel! Fazit: Obwohl der Weg hierher streckenweise eine Zumutung war, hat sich die Tour nach Heidelberg gelohnt. Für mich ging es dann mit dem Zug zurück, weil ich erst nach über acht Stunden in Heidelberg ankam. Drei Stunden später, als geplant. Und um 17 Uhr 110km, die es am Ende waren, zurückzufahren, war nicht mehr drin. Also gönnte ich mir eine Fanta und schlief danach sehr ausgelastet tief und fest.
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Daten und Fakten zur Tour
Distanz | 106,56km1 |
reine Fahr-Zeit | 5:30:12 h1 |
Ø Geschwindigkeit | 19,4km/h1 |
Anstieg insgesamt | 9.340m1 |
Kalorien | 2.5821 |
Ø Herzfrequenz | 132 bpm1 |