Wie das Ende von "Once Upon a Time" mein Leben veränderte – Teil 3
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Wie das Ende von “Once Upon a Time” mein Leben veränderte – Teil 3

Willkommen zurück. Hier nun der dritte und finale Teil, wie die Serie “Once Upon A Time” mein Leben veränderte. Wir sind mittlerweile weit weg von ONCE. Im Juni 2019 konnte ich das Kapitel auch quasi abschließen, als ich nach Paris zu einer Convention reiste. Es war ein unglaubliches Erlebnis. Und alles was währenddessen und danach geschah, erfahrt ihr im dritten Teil (hier geht es zum 1. Teil oder zum 2. Teil).

Juni 2019: Anne und Julia

Der Juni 2019 stand im Zeichen des “Camp Nanowrimo”, denn zu der Zeit schrieb ich mein Buch mit dem Arbeitstitel “Reminder” zu Ende. Die Geschichte von Anne und Julia hatte ich ursprünglich mit etwa 14 Jahren im Kopf. Sie sollten damals Teil einer anderen Geschichte sein. Wenn ich so drüber nachdenke, sind sie mir damals eigentlich genau da in den Kopf gekommen, als ich mich erstmals mit meiner eigenen Sexualität beschäftigt hatte.

Jedenfalls bereitete mir das Schreiben von Anne und Julia viel Freude. Ich mochte es, wie sich die beiden ineinander verliebten. Mochte es zu schreiben, wie Gefühle verrückt spielen. Denn ich konnte es verstehen. Anfang 2010 ging es mir so mit meiner heutigen besten Freundin. In “Reminder” ist mittlerweile so viel autobiografisches verbaut, wie es mir beim Schreiben gar nicht auffiel. Eigentlich sollte “Reminder” dafür stehen, dass Anne Julia stets darin erinnerte, wann welche Termine sind (für Julia sollte es noch eine tiefere Bedeutung haben). Dass die Wahl des Titels aber auch für mein persönliches Leben passen sollte, ist mir gerade beim Schreiben dieses Blogbeitrags aufgefallen. Das Schreiben an der Geschichte von Anne und Julia erinnerte mich daran, was ich für knapp 10-15 Jahre verdrängt hatte.

Sommer 2019: Girls Love

Nachdem ich “Reminder” fertig hatte und auch mit dem Buch “Traumtänzerin” durch war, war ich auf der Suche nach neuem Material. Anfang August war ich zu Besuch bei einer Freundin. Wir waren im Thalia Bücher shoppen (wie es sich für richtige Buchjunkies gehört) und per Zufall fand ich im Manga Regal “Bloom into you”. Ich weiß ehrlich gesagt bis heute nicht, wie mir dieses Buch in die Hände fiel. Auch hier: Richtiges Buch, zur richtigen Zeit (wie bereits in Teil berichtet). Ehe ich selbst verstand, was hier grad mit mir geschah, wusste die Freundin, bei der ich zu Besuch war sofort, was abging. Also ehrlich gesagt, wusste das so ziemlich jede*r, außer mir selbst. Wie es halt immer so ist. Die Freundin war damals in Berlin auch meine Begleitung. Jene Freundin, die damals den simplen Satz “So, das Buch gefällt dir also?” so viel veränderte. In ihrem Manga-Regal fanden sich weitere Bücher, die sie mir empfahl. Alle aus dem Genre “Girls Love” und ich flog nur so über die Seiten. Als ich wieder in Mainz war, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Wow, I am gay.

Kennt ihr “How I met your mother”? Da gab es eine Folge, in der das Glas splitterte, sobald man eine Erkenntnis hatte. Es war offensichtlich, man selbst hatte es aber erst dann bewusst wahrgenommen hatte, als man bewusst drauf gestubst wurde. In dem Moment, als mir bewusst wurde, warum ich eigentlich in all den Jahren so unglücklich war, war es zeitgleich wie eine Befreiung. Das Übrige tat dann Youtube, dass – ohne, dass ich zuvor je in die Richtung Videos geschaut hatte – auf meiner Startseite eine Menge Videos zu Coming Outs vorschlug. Google kannte mich besser, als ich mich selbst. Erst dachte ich: “Oh Fuck”, als hätte man mich heimlich beim Rauchen erwischt. Mittlerweile kann ich damit gechillter umgehen, befreiter und stolzer.

Sommer 2019: Annikazion und “OKAY”

Den Größtenteil in diesem Teil der Selbstfindung verbrachte ich mit dem “OKAY” Kanal von Youtuberin Annikazion (hier zum Kanal). Welches Video das erste war, dass ich gesehen hatte, weiß ich nicht mehr. Ich meine, es war irgendwas mit “In beste Freundin verliebt” oder sowas. In jedem Fall passte das Video zu diesen vielen kleinen Puzzleteilen. Annika holte mich komplett ab und zeigte mir mega entspannt, dass es – passend zum Kanal-Titel – OKAY ist, nicht hetero zu sein. Wieder einmal etwas zur richtigen Zeit. Dadurch fiel es mir auch deutlich leichter, mich selbst zu akzeptieren. Schwubs rutschte ich in die Youtube-LGBTQ+ Szene.

Mittlerweile besteht meine Youtube-Startseite im Übrigen aus “Lesbian shortfilms”, lesbischen Musikerinnen oder Kanälen, die sich zum Thema Coming Out äußern. Der Moment der Akzeptanz traf mich dann im September. Ich distanzierte mich auf unbekannt vom Football, denn ich brauchte Ruhe und Zeit – hey, mein gesamtes Leben drehte und wendete sich plötzlich. Natürlich braucht ich erst einmal Zeit für mich. Die folgenden Monate waren wirklich so wichtig, um zu mir selbst zu finden. Diese Zeit benötigte ich, um darauf klar zu kommen, wie sich Verliebtsein anfühlt; wie es sich anfühlt, in einen Rausch zu geraten, emotional ausgenutzt zu werden und, wie es sich anfühlt, sich selbst zu akzeptieren.

Herbst 2019: Crush-Ception

Im August trat ich mit einer Frau in Kontakt. Mehr per Zufall. Wir unterhielten uns sehr viel über Bücher. Als ich sie vor einigen Jahren erstmals kennen lernte, war mein erster Gedanken: Bi. Bis heute hält sich bei mir dieser Verdacht. Jedenfalls schrieben wir im August sehr viel. Anfang 2019 redete ich mir noch ein, einen Crush auf einen Typen zu haben. Später stellte sich raus, dass sie und er zusammen sind. Das war total seltsam. Ich bezeichnete es auf Instagram als Crush-Ception. Ich mein, wie hoch ist schon die Wahrscheinlichkeit, dass zwei meiner Crushes, die sich nicht einmal vorher kannten, finden würden. Das war das Seltsamste. In meinem Tagebuch schrieb ich dennoch sehr viel über diese Gefühle, die ich zu der Zeit empfand.

Tomorrow is uncertain, who knows what it will bring
But one thing is for sure, love, with you I have everything
And happily ever after, is the way these stories go
Used to think that’s what I wanted, but now I finally know

Quelle: Musixmatch
Songwriter: Mark Isham / Michael Weiner / Alan Zachary
Songtext von A Happy Beginning © Buena Vista Music Co., Touchstone Pictures Music And Songs Inc., Buena Vista Music Company, Touchstone Pictures Music & Songs Inc.

Leider kann man Gefühle nicht auf diese Art und Weise konservieren. Es wäre schön gewesen, wenn es so ginge, dann wären die folgenden Monate bis Ende 2019 vielleicht etwas besser gewesen. Aber allein die Tatsache, nach fast 10 Jahren wieder sowas wie Verliebtheit zu empfinden, war alles Wert. Seitdem gehe und sehe ich nur noch nach vorn. Ohne Schild. Ohne Panzer. Bereit, von Gefühlen verletzt zu werden.

Ende 2019: Little Pumpkin

Im September 2019 lernte ich jemand anderes kennen. Bis heute glaube ich, dass ich mich mehr in die Idee von ihr und mir verliebt hatte. Anders als bei der Herzdame aus dem August, wusste ich bei ihr, dass sie definitiv queer ist. Damit begann dann eine schöne und zeitgleich fiese Phase. Das waren Dinge, die mich zunehmend gestresst und psychisch belastet hatten. Ich drohte wieder komplett zurück in die Depression zu stolpern.

Im November 2019 brach ich dann zusammen. Ich begann Prosa zu schreiben, die ich als “Gedankenkotze” bezeichnete. In einer Vielzahl Metaphern verarbeitete ich diese Zeit mit ihr. Am Ende schloss ich mit einem Abschiedsbrief ab. Kein “Ich will mich umbringen”-Abschiedsbrief. Sondern ein Brief, um von dieser Achterbahn Abschied zu nehmen; von diesem Chaos, das sie hinterlassen hat. Es half. Zwar denke ich heute noch ab und an an die Sache, mittlerweile ist es allerdings deutlich besser. Selbst der “Trigger”, der damit entstand, zündete nur einmal im Januar 2020 erneut. Heute, Ende Juni 2020, habe ich keine Probleme mehr damit. Dennoch brauchte ich genau diese Erfahrung, um genau an diesen Punkt heute zu kommen.

Long live my friends

Eine meiner besten Freundinnen meinte später, dass ich diese Erfahrungen (auch die im Januar), so scheiße sei auch waren, gebraucht habe. Ich benötigte sie, um zu verstehen, dass das Gewicht einer negativen Person, niemals so schwer wiegt, wie das Gewicht aller positiven Menschen in meinem Leben. Am Ende des ersten Monats von 2020 war es die wichtigste Erkenntnis überhaupt. Das führte dazu, dass ich mit mir mehr im Reinen sein konnte, als all die Monate zuvor. Mittlerweile kann ich auch auf der Arbeit offen homo sein, weil es mich nicht mehr kümmert. Ich weiß, wie sich Homophobie anfühlt (in der Schulzeit, weswegen der Prozess so ewig gedauert hat). Aber ich weiß auch, wie es sich angefühlt hat, sich zehn Jahre in einen gefühlstoten Stein einzuschließen.

Daher ist das Fazit dieser Reise am Ende: Ich liebe Frauen. Ich akzeptiere, wer ich bin. Und solang ich das tu und so sein kann, wer ich bin, kann mich niemand mehr in den Ausmaßen verletzen. Ich werde mich nicht mehr verstecken oder verschließen. Gefühle – gute und schlechte – machen mich menschlich. Sie zeigen mir, dass ich kein Roboter bin. Ich umarme mich, dich, die Welt.

Die Vergangenheit kann ich nicht ändern, aber ich kann aus ihr lernen.

Veröffentlicht von Heffa Fuzzel

Als ich 2010 mit dem Bloggen begann, war es noch für die Familie, die mein Leben in der neuen Stadt miterleben sollte. Das Studium endete 2016 und ich bin immer noch Bloggerin. 2012 bin ich unter die Buchblogs gegangen. Mittlerweile gibt es auf meinem Blog nicht nur Bücher, sondern auf Filme, Serien und andere Dinge, die mich im Leben bewegen. Seit einigen Jahren bin ich verstärkt in der Sapphic Bubble unterwegs und konsumiere hier die verschiedenen Geschichten.

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